Gründsätzliche Fragen rund um das Schwarz-Surfen
Unter "Schwarz-Surfen" ist Folgendes zu verstehen: Jemand loggt sich (ohne oder sogar gegen den Willen des WLAN-Betreibers) in ein WLAN ein, für das kein Passwort erforderlich ist. Es ist nicht zu verwechseln mit dem "Hineinhacken" in ein - wie auch immer - geschütztes WLAN, das ist in jedem Fall strafbar.
Es ist umstritten: Es gibt keinen Tatbestand, der es ausdrücklich verbietet, in offenen WLAN zu surfen. Allerdings gibt es erste Gerichte und Staatsanwaltschaften, die bestende Normen aus dem Telekommunikationsgesetz und Bundesdatenschutzgesetz so weit auslegen, dass das Schwarz-Surfen scheinbar erfasst ist. Den Anfang nahm die Entwicklung mit einem Urteil des AG Wuppertal (hier zu finden).
Allerdings, selbst wenn man dieser Auslegung folgt, ist festzustellen, dass auf Grund fehlerhaften technischem Verständnis die vertretene Argumentation nicht unumstritten sein kann. Kommentiert habe ich die Gegenargumente hier.
Wie erwischen die mich überhaupt?
Das kommt wohl drauf an - bereits zwei Mal wurde jemand "zufällig" aufgegriffen. Eine Streife kam oder fuhr vorbei, sah jemanden mit Laptop auf dem Schoss und hat dann nachgefragt, was er da treibt. Häufiger ist aber der Fall, dass der WLAN-Betreiber merkt, dass jemand in seinem WLAN unterwegs ist und dann "Ausschau" hält um die Polizei zu rufen. Sofern der Laptop ausgewertet werden soll, wird dieser zuerst beschlagnahmt und dann später untersucht. Dabei wird man an verschiedenen Stellen fündig, gerne wird im Windows-Ereignisprotokoll oder in den Einträgen des syslog-Dienstes unter Linux. Hier werden die Ermittler prüfen, ob und in welche WLAN eingeloggt wurde.
Wie lange ist das Notebook bei einer Beschlagnahme weg?
Das kommt drauf an, man sollte auf jeden Fall (sofern man den Rechner überhaupt zurück erhält!) von mindestens einem Jahr ausgehen, eher von 1,5 Jahren im Schnitt. Sofern ein Schuldspruch erfolgt, muss man davon ausgehen, dass der Laptop (oder PC, Netbook etc.) als "Tatwerkzeug" eingezogen wird, das heisst, man bekommt ihn nie wieder. Es gibt aber ein erstes Urteil, das die Einziehung als Unverhältnismäßig einstuft. Ausserdem wird man über seinen Strafverteidiger im Regelfall eine Kopie der Festplatte anfordern können, so dass Daten nicht unbedingt weg sind.
Welche Strafe muss man erwarten?
Der Strafrahmen liegt bei maximal 2 Jahren oder Geldstrafe (§148 TKG, §44 BDSG). Aber die bisherigen Vorfälle waren alle sehr moderat: Das erste Urteil sah gar keine Strafe vor, sondern nur eine Verwarnung mit einem Strafvorbehalt von 20 Tagessätzen a 5 Euro, also 100 Euro insgesamt. Im Regelfall scheinen Strafbefehle zu ergehen, das sind Entsheidungen eines Richters bei einfach gelagerten Fällen - auch hier bleibt es bisher bei einer kleinen Strafzahlung. Aber: Gerne wird das Notbook eingezogen, vorher ohnehin zur Beweissicherung beschlagnahmt. Dieser Entzug des Notebooks dürfte wohl für die meisten die empfindlichste Sanktion sein.
Auf diese Frage kann ich keine Antwort bieten. Da inzwischen auch Ermittlungsverfahren laufen, in denen nicht einmal bekannt ist, in welches WLAN sich jemand eingeloggt hat (also gar nicht bekannt ist, dass der Betroffene etwas dagegen haben könnte) und man den Rechner beschlagnahmt hat, um überhaupt einmal heraus zu finden, wer der Berechtigte sein könnte, sehe ich keine Möglichkeit für einen Ratschlag. Auf jeden Fall reicht es nicht aus, ein WLAN einfach nur offen zu lassen, das ist ja gerade der Grund für die Probleme. Ob ein Zusatz in der WLAN-ID (SSID) ausreicht, z.B. "WLAN von Jens (Frei zur Benutzung)", ist für mich höchst fraglich - auch wenn so etwas offensichtlich wäre, muss ich bei Polizei und Staatsanwaltschaft, auch bei den Richtern, immer wieder ein erhebliches technisches Unverständnis feststellen. Vor diesem Hintergrund habe ich ganz enorme Zweifel, ob das auch ausreichen würde. Ganz sicher wäre es sicherlich, eine Anschrift in der SSID anzugeben, unter der man nachfragen kann - das wird aber kaum einer wollen. Außerdem ist nicht immer jemand unter der Anschrift anwesend. Etwas anderes muss aber bei offensichtlichen Umständen gelten. So bieten viele Hotels und Cafes freie WLAN-Zugangspunkte an. Wer sich hier in der Nähe aufhält und einloggt, sollte angesichts der äußeren Umstände gar nicht erst angesprochen werden. Anders als z.B. in einem Auto in einem reinen Wohngebiet sitzend.
Ich werde angesprochen - was soll ich tun? Und was soll ich tun, wenn die mir den Laptop wegnehmen?
Ich frage mich in solchen Situationen immer, warum gleich diskutiert werden muss, ob man sich unerlaubt in ein WLAN eingeloggt hat. UMTS-Tarife gibt es heute schon als PrePaid ab 19cent pro Megabyte. UMTS-Sticks kosten gerade einmal um die 50 Euro - also warum sollte jemand zwingend in einem fremden WLAN unterwegs sein, nur weil er sich wartend in einem Auto die Zeit vertreibt? Auch wenn kein USB-Stick am Rechner ist, ist das nicht naheliegend: Viele Modelle der mittleren Preisklasse haben bereits UMTS/GSM-Modems fest eingebaut. Ansonsten gelten die üblichen Regeln: Ruhig bleiben und daran denken, dass man sich nicht selbst belasten muss. Nicht einfach losplappern. Sollten die Polizisten in der Tat den Laptop beschlagnahmen, kann man sich in der konkreten Situation ohnehin nicht erwehren - danach hilft dann ein Strafverteidiger, den man aufsuchen und befragen sollte. Wichtig wird dann sein, genau zu wissen, was man getan hat, was auf dem Laptop alles in evt. vorhandenen Syslog-Dateien erfasst ist und was man ganz genau bisher gesagt hat.